Lilly's Art

EN

Zurück zur Kategorie Skulpturenuhren.

Seltene frühe Skulpturenuhr „au chinois“

Seltene frühe Skulpturenuhr au chinois

Bild vergrößern

Wien, Ende 18. Jahrhundert

Gehäuse
Lindenholz geschnitzt und blattvergoldet, Lüsterfassung, drei große geschnitzte Chinoiserie-Figuren mit einer Sänfte, außergewöhnliches Pendel mit geschnitzter Figur eines Akrobaten
Zifferblatt
Email
Werk
Spindelgang, Wiener 4/4-Schlag auf Glocken, Umstellung von grande auf petite sonnerie, Repetition, Schlagabstellung, Datumsanzeige
Höhe
79 cm

Diese Kommodenuhr „au chinois“ ist ein frühes Beispiel der Wiener Skulpturenuhren und besticht durch ihre reiche figurale Ausstattung, die wunderbare Lüsterfassung sowie ihre großzügigen Dimensionen. Auf einer Basis mit Flechtbandfries und einer als Felsboden gestalteter Oberseite befinden sich zwei asiatisch gekleidete Diener. Sie tragen eine gepolsterte Sänfte, auf welcher die Gehäusetrommel mit dem Emailzifferblatt ruht. Als Aufsatz dient eine weitere Figurine in chinesisch-inspirierter Tracht mit einem Sonnenschirm. Eine Palme verleiht der Szenerie Tiefe und fungiert zugleich als Stütze für das Werksgehäuse. Die geschnitzte Stoffdraperie unterhalb der Trommel bietet einen passenden Hintergrund für dasaußergewöhnliche Pendel. Statt einer klassischen Pendelscheibe sieht man an dieser Stelle nämlich eine Besonderheit: eine kleine Figur aus geschnitztem und gefasstem Lindenholz in Form eines an einem Trapez schwingenden Akrobaten, ebenfalls in einer Gewandung „au chinois“.

Gehäuse in Form einer Sänfte mit Trägerfiguren fanden gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch die Entwürfe herausragender Pariser Bronziere wie Pierre-Philippe Thomire oder Jean-Simon Deverberie Verbreitung in der europäischen Uhrmacherkunst. Allerdings handelt es ich bei den Trägerfiguren meist um fantasievolle Darstellungen von Afrikanern oder amerikanischen Ureinwohnern. Asiatisch anmutende Träger sind uns nur von diesem Wiener Typus bekannt. Sogenannte „Chinoiserien“ (von fernöstlicher Kunst und Kultur inspirierte Motive) waren in Österreich vor allem durch Maria Theresias „Chinesische Kabinette“ im Schloss Schönbrunn in Mode gekommen.

Die Gestaltung der Kleidung und Kopfbedeckungen, in der sich Elemente zentralasiatischer und fernöstlicher Tracht vermischen, ist eine äußerst freie Interpretation asiatischer Mode. Dieses außergewöhnliche Schnitzwerk verrät mehr über die europäische Vorstellung fernöstlicher Lebenswelten als über das tatsächliche Asien des 18. Jahrhunderts. Ein Kontinent reich an Gütern, voll üppiger Vegetation, geprägt durch exotische Bräuche und Traditionen und in seiner überwältigenden Fülle an Kulturen für den europäischen Betrachter jener Zeit schier unbegreiflich und dadurch aber umso faszinierender.