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Höfisches Perlmutt-Necessaire mit Nähzeug, Poudreuse und Écritoire

Höfisches Perlmutt-Necessaire mit Nähzeug, Poudreuse und Ecritoire

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Wien, um 1827

Perlmutt, polierte Stahlapplikationen, drei Einlegefächer, bezogen mit ecrufarbenem Samt und hellblauer Seide, zahlreiche Gerätschaften aus Perlmutt, feuervergoldeter Bronze, Kristallglas etc., Spiegel mit dahinter befindlichem Geheimfach, Aquarell-Ansicht der Feldmesse am Burgtor anlässlich der Genesung von Kaiser Franz I. bezeichnet: „Den 13. April 1826“, signiert Balthasar Wigand (1770–1846)

12,5 x 39,5 x 29 cm

Dieses herrliche museale Necessaire ist ein Paradestück Wiener Perlmuttarbeiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wien war zu jener
Zeit neben Paris und London ein Zentrum für international äußerst gefragte Perlmuttobjekte von höchster Qualität. Die Kombination von Perlmutt mit poliertem Stahl ist ebenfalls eine Spezialität des Wiener Kunsthandwerks jener Epoche. Geadelt wird die erlesene Kassette durch ein Aquarell Balthasar Wigands, des bedeutendsten österreichischen Miniaturmalers der Biedermeierzeit. Es zeigt ein für die Habsburgerdynastie äußerst wichtiges Ereignis: die Feldmesse am Burgplatz, abgehalten zur Wiedergenesung Kaiser Franz I. am 13. April 1826. Der Kaiser soll den feierlichen Akt von seinen Gemächern in der Hofburg durch ein Fenster verfolgt haben. Auf dem zwei Jahre zuvor fertig gestellten Neuen Burgtor befindet sich ein Kapellenzelt, darin ein eigens errichteter Altar – angeblich wurden osmanische Zeltstoffe verwendet, eine Kriegsbeute Prinz Eugens. Im Hintergrund sind die Wiener Vorstädte zu erkennen. Balthasar Wigand schildert den liturgischen Moment der Wandlung, den die Teilnehmer der Messe stehend verfolgen.

Vergleichbare Perlmuttarbeiten mit Wigand-Aquarellen befinden sich etwa im MAK Wien, im MET-Museum New York, der Royal Collection
London oder im Victoria & Albert Museum. Die Ausstattung des Necessaires ist äußerst reichhaltig. Drei Einlegefächer, bezogen mit ecrufarbenem Samt und hellblauer Seide, liefern allerlei luxuriöse Gerätschaften für die Nutzung als Nähzeug, Poudreuse oder Écritoire. Hinter dem Spiegel auf der Innenseite des Deckels befindet sich ein Geheimfach. Klappt man dieses auf, verwandelt sich die Kassette in ein Schreibpult und neun goldgeprägte Falttaschen kommen zum Vorschein. Diese sind mit den französischen Wochentagen sowie mit „varieté“ und „souvenir“ beschriftet und dienten wohl der Aufbewahrung der Korrespondenz.

Die opulente Ausführung und das Balthasar Wigand-Aquarell mit Habsburger-affinem Bildthema lässt vermuten, dass es sich bei diesem musealen Perlmutt-Necessaire um eine Auftragsarbeit eines Mitglieds des Kaiserhofes handelt.